Gestern ging die fünfte Jahrestagung der Gesellschaft für Fantastikforschung (GFF) zu Ende. Die Veranstaltung, an der ich bereits zum vierten Mal teilnahm – einzig an der zweiten GFF-Konferenz in Salzburg war ich nicht dabei –, wurde heuer vom Department of English and American Studies der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt ausgerichtet (hier die Website der Tagung). Wie bereits in den vergangenen Jahren war es eine schöne Gelegenheit, um Bekannte zu treffen und neue Kontakte zu knüpfen. Inhaltlich war die Tagung aber zumindest für mich nicht sonderlich ergiebig, was vor allem an zwei Dingen lag, die wohl bis zu einem gewissen Grad zusammenhängen. Da wäre einerseits das Thema der diesjährigen Ausgabe. Auch die früheren GFF-Tagungen hatten jeweils einen inhaltlichen Schwerpunkt, dieser wurde aber in der Regel nicht allzu ernst genommen resp. war jeweils so offen formuliert, dass fast alles darunter gefasst werden konnte. Der diesjährige Schwerpunkt war mit «Fantastic Games» dagegen relativ eng abgesteckt. Zwar gab es auch dieses Jahr wieder einen sogenannten Open Track, in dem alles irgendwie Phantastische zugelassen war, die grosse Mehrheit der Vorträge drehte sich aber in der Tat um Spiele, wobei hier der Schwerpunkt wiederum auf Rollenspielen lag, vor allem auf dem populären deutschen System Das Schwarze Auge (DSA).
Nun spricht freilich nichts dagegen, für einmal alle DSA-Interessierten zu ihrem Recht kommen zu lassen, mich selbst reizte das Thema aber nicht sonderlich. Ich war auch überrascht, wie wenig fortgeschritten die Forschung in diesem Bereich offenbar ist. Mehrere Vorträge versuchten mehr oder weniger erfolgreich, das typische Pen-and-Paper-Rollenspiel mit literaturwissenschaftlichen Kategorien zu fassen. Dabei scheint mir ziemlich offensichtlich, dass dieser Ansatz relativ schnell an Grenzen stossen muss, denn beim Rollenspiel liegt kein irgendwie greifbarer Text vor. Der zentrale performative Aspekt lässt sich mit klassischen erzähltheoretischen Modellen ohnehin kaum fassen. Natürlich gab es wie immer auch anregende Vorträge, etwa zur Kulturgeschichte des Bühnenzaubers oder zu Games, die von gewohnten Pfaden abweichen und zum Beispiel ihre eigene Bedienungsmechanik zum Thema machen. Referate zur Utopie und selbst zum SF-Film waren insgesamt aber rar, der konkrete Nutzen für meine eigene Forschung somit ziemlich gering.
Vor allem aber waren dieses Jahr deutlich weniger Teilnehmer zu verzeichnen, was zu einem spürbar ausgedünnten Programm führte. Vor allem der englischsprachige Track war doch ziemlich schmalbrüstig. Das betraf mich ganz direkt, da ich meinen Vortrag – im Wesentlichen identisch mit dem, den ich vor drei Wochen an der SF/F Now zum Besten gegeben hatte – auf Englisch hielt. Der Andrang zum Panel war denn auch ziemlich überschaubar.
Lag es am Thema oder am Austragungsort? Ich vermute, dass am Ende eine Kombination der beiden Faktoren ausschlaggebend war. Bei den Keynotes fehlte es auch ein bisschen an den grossen Namen (ausgenommen natürlich meine Kollegin Barbara Flückiger). Hinzu kam noch eine gute Prise Pech: Zwei als Keynote-Speaker angekündigte Gäste – u.a. Tanya Krzywinska, auf die ich mich gefreut hatte – mussten kurzfristig absagen.
Nichtsdestotrotz war die GFF-Konferenz auch dieses Mal wieder eine schöne Sache. Mein eigentliches fachliches Highlight erlebt ich allerdings erst in Zürich. Kaum war ich zu Hause angekommen – wo im Gegensatz zu Klagenfurt schönes Wetter herrschte –, traf ich mich mit Kim Stanley Robinson. Aber davon mehr in einem späteren Eintrag …
Update: Einen Tagungsband wird es voraussichtlich nicht geben. Da der Inhalt meines Vortrags bereit weitgehend in zwei früheren Publikationen abgedeckt ist, tangiert mich das nicht gross.
Update 2: Aufgrund der grossen Nachfrage wird es nun voraussichtlich doch einen Tagungsband geben. Allerdings ohne Beitrag von mir.